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Ob Industriearmaturen in den Anwendungsbereich der Maschinenrichtlinie fallen, hängt davon ab, wie die Armatur ausgestattet ist.
Gemäß der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG ist eine Maschine:
Eine mit einem anderen Antriebssystem als der unmittelbar eingesetzten menschlichen oder tierischen Kraft ausgestattete oder dafür vorgesehene Gesamtheit miteinander verbundener Teile oder Vorrichtungen, von denen mindest eines bzw. eine beweglich ist und die für eine bestimmte Anwendung zusammengefügt sind.
1. Handangetriebene Industriearmatur
Aus der Bestimmung des Begriffs „Maschine“ fällt eine handangetriebene Armatur nicht unter dem Anwendungsbereich der Maschinenrichtlinie.
2. Industriearmatur mit einem Stellantrieb
Armaturen, die durch elektrische, pneumatische oder hydraulische Antriebssysteme versehen sind können unter dem Anwendungsbereich der Maschinenrichtlinie fallen. Im Rahmen der Risikobeurteilung hat der Armaturenhersteller (falls er die Armaturen mit dem Antriebssysteme Inverkehr bringt) festzustellen, ob zusätzliche Gefährdungen, wie z. B. Verletzungen durch das Quetschen von menschlichen Gliedern, Verbrennungen durch heiße Oberflächen, elektrische Gefährdungen, Gefährdungen durch herausspritzende Fluide aus Versorgungsleitungen, durch den Einbau des Antriebssystems entstehen. Wenn dies zutrifft, sind die Anforderungen der MaRL zu erfüllen.
Gemäß Artikel 3 der MaRL heißt es: „Werden die in Anhang I genannten, von einer Maschine ausgehenden Gefährdungen ganz oder teilweise von anderen Gemeinschaftsrichtlinien genauer erfasst, so gilt diese Richtlinie (MaRL) für diese Maschine und diese Gefährdungen nicht bzw. ab dem Beginn der Anwendung dieser anderen Richtlinien nicht mehr.“
Da industrielle Armaturen häufig in Rohrleitungen oder an anderen druckbeaufschlagten Anlagenteilen eingebaut werden, werden die Gefährdungen durch Druck von der Druckgeräterichtlinie und/oder die Gefährdungen hinsichtlich des Explosionsrisikios von der ATEX-Produktrichtlinie 94/9/EG genauer erfasst und treffen somit für diese Risiken auch vorrangig zu. Andererseits werden bei einer Armatur durch diese Spezialrichtlinien nicht die Risiken mit abgedeckt, die zusätzlich durch ein angebrachtes Antriebssystem entstehen können.
3. Konformitätsbewertung nach der zutreffenden Harmonisierungsrichtlinie
Gemäß Art. 5 des Beschlusses Nr. 768/2008/EG des Europäischen Parlaments und des Rates gibt es für ein Produkt keine vorrangige Richtlinie, d. h. fällt ein Produkt im Anwendungsbereich mehrerer Richtlinien z. B. Druckgeräterichtlinie 2014/68/EU und Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, so gilt grundsätzlich, dass der Hersteller mit dem Anbringen des CE-Kennzeichens die Anforderungen aller zutreffenden Richtlinien erfüllt hat, die zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens hierfür gelten. Dies muss er dann auch in der „gemeinsamen“ EU-Konformitätserklärung zum Ausdruck bringen. D. h. er muss in der EU-Konformitätserklärung alle zutreffenden Richtlinien angeben sowie die sonstigen Inhaltsanforderungen aller zutreffenden Richtlinien aufführen.
Weiterführende Informationen:
Internetportal DRUCKGERÄTE ONLINE
Der Beschluss 768/2008/EG ist lediglich an die Kommission selbst gerichtet und soll dazu dienen, als eine Art „Leitfaden“ für die Kommission bei der Er- und Überarbeitung von künftigen Rechtsakten (z. B. Richtlinien) zu dienen. Insofern ändert oder ergänzt der Beschluss 768/2008 keine Rechtsvorschrift (wie z. B. die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG) unmittelbar.
Korrekt ist, dass der Hersteller mit dem Anbringen des CE-Kennzeichens die Anforderungen aller zutreffenden Richtlinien erfüllen muss, die zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens hierfür gelten. Eine gemeinsame EG-Konformitätserklärung, wie im Beschluss angedacht, ist jedoch praktisch noch nicht im Regelwerk umgesetzt.
Im konkreten Fall würde ich hier für eine EG-Konformitätserklärung i.S.d. Anhangs II Teil 1 Abschnitt A der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG plädieren , die anderen mitgeltenden Richtlinien wären dort mit aufzuführen. U.U. wären zusätzlich separate Konformitätserklärungen nach ATEX und/oder DGRL sinnvoll, insbesondere dann, wenn benannte Stellen einbezogen sind.
Wir sind der Meinung, dass grundsätzlich nur eine Konformitätserklärung ausgestellt werden sollte, wenn der entsprechende Hersteller die Gesamtverantwortung mehrerer Richtlinien übernimmt. Wenn ein Verweis bzw. die Auflistung nicht ausreicht, um inhaltliche Anforderungen zu erfüllen, so muss er die Konformitätserklärung entsprechend inhaltlich anpassen.
Im konkreten Fall, wenn der Hersteller der Armatur auch den Antrieb anbringt und dadurch zusätzliche Risiken entstehen, die entsprechend der Maschinenrichtlinie berücksichtigt werden müssen, sollte er als Gesamtverantwortlicher eine gemeinsame Erklärung ausstellen (eine gemeinsame Kennzeichnung, ein CE-Kennzeichen).
Anders sieht es aus wenn im o. a. Fall der Hersteller A die Armatur liefert (nach DGRL) und Hersteller B die Gesamtverantwortung übernimmt. In diesem Fall reicht in der Konformitätserklärung des Herstellers B ein Verweis auf die DGRL (jedoch zusätzliche Kennzeichnung nach MaRL mit zusätzlichem CE-Kennzeichen).