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„Gesamtheit von Maschinen“ wann liegt er vor?

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Gesamtheit von Maschinen

Für Maschinen können Risiken entstehen durch das Zusammenwirken der Maschinen bzw. der unvollständigen Maschinen an deren Schnittstellen und die in der Risikobeurteilung der „Gesamtheit von Maschinen“ zu berücksichtigen sind.

Im allgemeinen Sprachgebrauch spricht man von Maschinenanlagen, verkettete Anlagen oder komplexe Anlagen z. B. in der Metallverarbeitung (Walzwerkanlage, Roboterschweißanlagen), bei der Papierherstellung (Papiermaschinen), in der Autoproduktion (Fertigungsstraßen) oder bei der Lebensmittelherstellung (Getränkeabfüllanlagen). Die Einzelmaschinen sind dabei in der Regel so angeordnet sowie funktionstechnisch und steuerungstechnisch so miteinander verknüpft, dass sie als Gesamteinheit einen bestimmten Zweck dienen.

Andererseits umfasst der Begriff „Gesamtheit“ nicht zwangsläufig komplette Industrieanlagen wie z. B. Kraftwerke, Chemieanlagen, Hüttenwerke. Gewöhnlich werden solche Großanlagen im Sinne der Maschinenrichtlinie in in einzelne Funktionseinheiten/Anlagenteile wie z. B. Materialzuführungseinheit, Verarbeitungseinheit, Verpackungseinheit, Beladeeinheit unterteilt, die dann jeweils „Gesamtheit von Maschinen“ i. S. der Maschinenrichtlinie sein können.

1. Begriffserläuterung

Die Maschinenrichtlinie definiert in Artikel 2, Abs.1 Buchstabe a) vierter Spiegelstrich „eine Gesamtheit von Maschinen oder unvollständigen Maschinen, die, damit sie

  • zusammenwirken,
  • so angeordnet sind und
  • betätigt werden,

dass sie als Gesamtheit funktionieren“ als Maschine. Diese Begriffsbestimmung wirft in der Praxis immer wieder offene Fragen auf.

2. Interpretationspapier zur „Gesamtheit von Maschinen“

Zur Hilfestellung bei der Interpretation der Begriffsbestimmung „Gesamtheit von Maschinen“ hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Bekanntmachung vom 5.5.2011, IIIb5-39607-3) herausgegeben. Danach muss bei der  „Gesamtheit von Maschinen“ ein produktionstechnischer  und eine sicherheitstechnischer Zusammenhang vorliegen.

Produktionstechnischer Zusammenhang ist gegeben, wenn

  1. die einzelnen Maschinen bzw. die unvollständigen Maschinen als Gesamtheit in einer Weise angeordnet sind, das sie als geschlossene Einheit anzusehen sind (hier wird insbesondere auf die zusammenhängende Aufstellung abgehoben)
    und
  2. die einzelnen Maschinen bzw. die unvollständigen Maschinen als Gesamtheit zusammenwirken (das bedeutet z. B. dass das Zusammenwirken auf ein gemeinsames Ziel hin ausgerichtet sein muss, beispielsweise auf die Herstellung eines bestimmten Produktes)
    und
  3. die einzelnen Maschinen bzw. die unvollständigen Maschinen als Gesamtheit betätigt werden, d. h. über eine gemeinsame oder übergeordnete , funktionale Steuerung oder gemeinsame Befehlseinrichtungen verfügen.

Sicherheitstechnischer Zusammenhang ist gegeben, wenn

Die einzelnen Maschinen bzw. die unvollständigen Maschinen müssen sicherheitstechnisch als Gesamtheit funktionieren und damit auch in dieser Hinsicht eine Einheit bilden

Dies ist der Fall, wenn die Maschinen und/oder unvollständige Maschinen so miteinander verbunden sind, dass ein Ereignis, dass bei einem Bestandteil der Anlage auftritt, zu einer Gefährdung bei einem anderen Bestandteil führt und für diese „Gesamtheit“ sicherheitstechnische Maßnahmen ergriffen werden müssen, um im Gefährdungsfall alle diese Bestandteile in einen gefahrlosen Zustand zu bringen.

3. Leitfaden zur Anwendung der Maschinenrichtlinie

Auch der Leitfaden zur Anwendung der Maschinenrichtlinie enthält in § 38 Erläuterungen zum Begriff der „Gesamtheit von Maschinen“. Danach wird insbesondere darauf hingewiesen, dass Risiken entstehen durch das Zusammenwirken der Maschinen bzw. der unvollständigen Maschinen an deren Schnittstellen, und in der Risikobeurteilung der Gesamtheit von Maschinen zu berücksichtigen sind.  Der Leitfaden weist darauf hin, dass für das Vorliegen einer Gesamtheit von Maschinen nachstehende  Kriterien alle erfüllt sein müssen:

  1. die jeweiligen Maschinen bzw. unvollständige Maschinen werden mit dem Ziel einer gemeinsamen Funktion z.B. Produktion eines gemeinsamen Produkts zusammengefügt
  2. die jeweiligen Maschinen bzw. unvollständige Maschinen sind funktionell so verknüpft, dass der Betrieb jeder Maschine bzw. unvollständige Maschine mit anderen Maschinen bzw. unvollständigen Maschinen so zusammenwirkt, dass eine Risikobeurteilung für die Gesamtheit erforderlich ist
  3. die Gesamtheit hat eine gemeinsame Steuerung.

4. Anforderungen an die „Gesamtheit von Maschinen“

Die Anforderungen an eine Gesamtheit von Maschinen sind in Anhang I Nr. 1.2.4.4 festgelegt. Maschinen oder Maschinenteile die dazu bestimmt sind zusammenzuwirken, müssen so konstruiert und gebaut sein, dass die Einrichtungen zum Stillsetzen, einschließlich der NOT-HALT-Befehlsgeräte, nicht nur die Maschine selbst stillsetzen können, sondern auch alle damit verbundenen Einrichtungen, wenn von deren weiteren Betrieb ein Gefahr ausgehen kann.

Werden Einzelmaschinen ausschließlich durch ein gemeinsames NOT-HALT-Befehlsgerät verbunden, entsteht nicht allein durch diese Verbindung bereits eine Gesamtheit von Maschinen.

5. Weiterführende Informationen

Interpretationspapier vom 5. Mai 2011

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